Entwicklung der Energieeffizienz bleibt hinter Erwartungen zurück
Berlin/Bergheim (24.11.2020) — Deutschland konnte die Erwartungen in einen kontinuierlichen Anstieg der Energieeffizienz im Jahr 2019 nichterfüllen. Vor allem in der Industrie und im Verkehrsbereich hat sich die Energieeffizienz nach Berechnungen der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (AG Energiebilanzen) wieder verschlechtert. Die privaten Haushalte sowie der Sektor Gewerbe-Handel-Dienstleistungen verzeichnen zwar Zugewinne bei der Energieeffizienz, bleiben aber ebenfalls deutlich hinter der von der Bundesregierung für den gesamten Endenergieverbrauch geforderten Zielmarke von 2,1 Prozent pro Jahr zurück.
Die privaten Haushalte konnten 2019 ihren Wärme- und Brennstoffbedarf – unter Ausschaltung von Witterungs- und Lagerbestandseffekten – um1,6 Prozent pro Quadratmeter Wohnfläche senken. Die Effizienz des Stromeinsatzes der Haushalte verbesserte sich sogar um 1,8 Prozent. Damithat sich der auf die Wohnfläche bezogene Energieeinsatz seit 1991 um beinahe ein Viertel (24 Prozent) vermindert. Der Jahresdurchschnittswertder zurückliegenden drei Jahrzehnte erreicht allerdings nur eine Höhe von 1,0 Prozent und liegt damit ebenfalls deutlich unter dem Zielwert von 2,1Prozent. Vor allem in der Zunahme der Bevölkerung und in der unzureichenden Ausschöpfung vorhandener Effizienzpotenziale liegenwesentliche Gründe, dass die privaten Haushalte auch bei der Einsparung von Treibhausgasen nicht mit den Zielen Schritt halten.
In der Industrie hat sich die Energieeffizienz verschlechtert. Die Effizienz des Brennstoffeinsatzes nahm 2019 gegenüber 2018 um 3,2 Prozent ab.Beim Stromeinsatz kam es bezogen auf 1.000 Euro Bruttoproduktion zu einem Anstieg um 1,2 Prozent, so dass sich die gesamte Energieeffizienzder Industrie gegenüber 2018 um etwa 2,2 Prozent verringerte. Dennoch konnte die deutsche Industrie bisher mit jahresdurchschnittlichenEffizienzgewinnen von gut 1,2 Prozent seit 1991 ihren spezifischen Energieeinsatz um fast 29 Prozent vermindern. Die Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen in der Industrie erfordert typischerweise hohe Investitionen, die in den zurückliegenden Jahren auch infolgeunklarer industriepolitischer Rahmenbedingungen insbesondere in den energieintensiven Branchen zunehmend unterblieben.
Im Verkehrsbereich hat sich die Energieeffizienz im Jahresvergleich 2018/19 um rund 0,4 Prozent verschlechtert. Jahresdurchschnittlich kommt dieser Sektor seit 1990 auf Effizienzverbesserungen von 1,7 Prozent. 2019 führten niedrige Kraftstoffpreise, der anhaltende Trend zu PS-starkenFahr- zeugen und die verhaltenen Zulassungen für Fahrzeuge mit alternativen Antriebstechniken dazu, dass erheblichen Potenziale fürEffizienzverbesserungen ungenutzt blieben.
Der Sektor Gewerbe-Handel-Dienstleistungen (GHD) verzeichnet 2019 eine Effizienzverschlechterung von 1,6 Prozent.Seit 1990 liegt die Zunahme der Effizienz im Jahresdurchschnitt bei 2,5 Prozent und übertrifft damit die Zielvorgabe von2,1 Prozent. Während beim Brennstoffeinsatz in diesem Sektor bezogen auf die Bruttowertschöpfung 2019 Effizienzrückgänge von überdurchschnittlichen 2,8 Prozent verzeichnet werden konnten, kam es beim Stromeinsatz zueiner deutlichen Verbes- serung um 3,4 Prozent.
Bezogen auf den um Witterungs- und Lagerbestandseffekte bereinigten Endenergieverbrauch aller Sektoren ergibt sich für 2019 eineSteigerung der Energieeffizienz um rund 0,4 Prozent gegenüber 2018. Der langjährige Durchschnittswert liegt bei 1,5 Prozent. Um das Ziel vonjahresdurchschnitt- lich 2,1 Prozent zu erreichen, bedarf es nach Ansicht der AG Energiebilanzen deutlich verstärkter Anstrengungen in allenEndenergieverbrauchssektoren.
Wird neben dem Endenergieverbrauch in den verschiedenen Verbrauchssektoren auch der Um- wandlungsbereich in die Betrachtung dergesamtwirtschaftlichen Energieeffizienz einbezogen, ergibt sich für 2019 eine Erhöhung der Energieeffizienz von 3,3 Prozent. Damitverminderte sich der Energieeinsatz für die Produktion von Waren und Dienstleistungen im Wert von 1.000 Euro auf 4,0 Gigajoule (GJ); 1990betrug der Wert noch 6,8 GJ. Damit hat sich die gesamtwirtschaftliche Primärenergieeffizienz in Deutschland seit 1990 um reichlich 42 Prozent oder jahresdurchschnittlich um rund 1,9 Prozent verbessert.
Ein wesentlicher Grund für die gegenüber dem sektoralen Endenergieverbrauch deutlich stärkeren gesamtwirtschaftlichen Effizienzgewinne liegtvor allem in einer effizienteren Stromerzeugung. So liegt der durchschnittliche Anlagenwirkungsgrad des konventionellen (fossilen)Kraftwerksparks bei aktuell 44,0 Prozent, 1990 betrug der Wert noch 36,8 Prozent. Um eine Kilowattstunde Strom auf der Basis des derzeitigenEnergiemix zu erzeugen, ist ein Energieaufwand von 7,1 Megajoule (MJ) erforderlich, das heißt, aktuell werden 51 Prozent der eingesetztenPrimärenergie in Strom umgewandelt.
Dieser hohe Wert resultiert allerdings zum Teil aus statistischen Effekten, erläutert die AG Energie- bilanzen. So wird bei der Stromerzeugung ausder auslaufenden Kernkraft gemäß internationalen Konventionen ein etwa drei Mal höherer Primärenergieeinsatz angenommen als bei derNutzung der erneuerbaren Energien Sonne und Wind. Ein ähnlicher, allerdings geringerer Effekt tritt auch bei der Substitution von Strom auskonventionellen Energiequellen wie Kohle und Gas auf.
Neben Effizienzgewinnen bei der Erzeugung ermittelte die AG Energiebilanzen auch Einsparungen beim Stromeinsatz. Um Waren undDienstleistungen im Wert von 1.000 Euro herzustellen, waren 2019 nur noch 177,0 kWh nötig, 1990 betrug der Aufwand noch 253,1 kWh.
Die AG Energiebilanzen berechnet regelmäßig aktuelle gesamtwirtschaftliche und sektorbezogene Statistiken zur Entwicklung derEnergieeffizienz in Deutschland. Die systematische Beobachtung der Energieeffizienz ist ein wichtiger Beitrag zum Monitoring derEnergiewende und erfolgt auf Grundlagen und Methoden, die im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie erarbeitet wurden.
Download des Berichts unter: Effizienzindikatoren
Entwicklung der bereinigten gesamtwirtschaftlichen Energieeffizienz in Deutschland 1990 bis 2019
In Gigajoule pro 1.000 Euro Wirtschaftsleistung
Berlin/Bergheim — Um Waren und Dienstleistungen im Wert von 1.000 Euro herzustellen, wurden 2019 in Deutschland — bereinigt umTemperatur- und Lagerbestandseffekte — 4,0 Gigajoule (GJ) Primärenergie benötigt, 1990 betrug der Wert noch 6,8 Gigajoule. Die Entwicklung entspricht einer Verbesserung der gesamtwirtschaftlichen Energieeffizienz um mehr als 40 Prozent.
Quelle: Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen
Entwicklung der Energieeffizienz in Deutschland
Jahresdurchschnittliche Verbesserung im Zeitraum 1991 — 2019
Berlin/Bergheim — Der Einsatz von Energie in Deutschland wird effizienter, erreicht aber nicht die Zielgröße von jahresdurchschnittlich 2,1 Prozent. Im Zeitraum 1991 bis 2019 lag die bereinigte gesamtwirtschaftliche Effizienzverbesserung bei rund 1,7 Prozent pro Jahr. Die Beiträge der einzelnen Sektoren unterscheiden sich erheblich und weisen auf noch bestehende Energieeinsparpotentiale hin.
Quelle: Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen