Hohe Preise und schwache Konjunktur senken Energieverbrauch

Hohe Preise und schwache Konjunktur senken Energieverbrauch

Industrie und Verbraucher reagieren mit Einsparungen/CO₂-Ausstoß sinkt

Ber­lin (02.08.2023) — Der Ener­gie­ver­brauch in Deutsch­land lag in den ers­ten sechs Mona­ten des lau­fen­den Jah­res rund 7 Pro­zent unter dem Wert des Vor­jah­res­zeit­rau­mes. Nach vor­läu­fi­gen Berech­nun­gen der Arbeits­ge­mein­schaft Ener­gie­bi­lan­zen (AG Ener­gie­bi­lan­zen) erreich­te der inlän­di­sche Pri­mär­ener­gie­ver­brauch im ers­ten Halb­jahr 2023 eine Höhe von 5.561 Peta­joule (PJ) bezie­hungs­wei­se 189,7 Mil­lio­nen Ton­nen Stein­koh­len­ein­hei­ten (Mio. t SKE). Das waren 7,1 Pro­zent weni­ger als im ers­ten Halb­jahr des Vor­jah­res.

Nach Ein­schät­zung der AG Ener­gie­bi­lan­zen sind für den beträcht­li­chen Ver­brauchs­rück­gang die hohen Ener­gie­prei­se sowie die schwa­che kon­junk­tu­rel­le Ent­wick­lung ver­ant­wort­lich. Von der Wit­te­rung gin­gen im ers­ten Halb­jahr gerin­ge ver­brauchs­stei­gern­de Effek­te aus. Ledig­lich der im Zuge der aktu­el­len Flücht­lings­be­we­gun­gen zu ver­zeich­nen­de Bevöl­ke­rungs­an­stieg sorg­te für eine Erhö­hung des Ener­gie­ver­brauchs, die aber deut­lich gerin­ger aus­fiel als die ver­brauchs­sen­ken­den Effek­te.

Die AG Ener­gie­bi­lan­zen geht davon aus, dass die Prei­se wesent­lich den Ver­lauf des Ener­gie­ver­brauchs bestim­men. Obwohl die Notie­run­gen an den Ener­gie­märk­ten gegen­über dem ers­ten Halb­jahr 2022 spür­bar zurück­ge­gan­gen sind, liegt das Preis­ni­veau immer noch deut­lich höher als 2021. Die Ener­gie­prei­se, so die AG Ener­gie­bi­lan­zen, ent­fal­ten damit wei­ter­hin Impul­se zur Ein­spa­rung von Ener­gie, wenn auch in leicht abge­schwäch­ter Inten­si­tät. Die AG Ener­gie­bi­lan­zen unter­schei­det bei ihrer Betrach­tung zwi­schen aktu­el­len, ver­hal­tens­be­ding­ten Ener­gie­ein­spa­run­gen und Inves­ti­tio­nen in die Ener­gie­ef­fi­zi­enz mit län­ger­fris­ti­gen Wir­kun­gen. Die ver­brauchs­sen­ken­den Effek­te der gesamt­wirt­schaft­li­chen Ent­wick­lung wer­den zudem der­zeit stark von der deut­lich zurück­ge­gan­ge­nen Pro­duk­ti­ons­leis­tung der ener­gie­in­ten­si­ven Indus­trien (Che­mie, Metal­le, Papier und Glas) geprägt. Wäh­rend die Pro­duk­ti­on des gesam­ten pro­du­zie­ren­den Gewer­bes in den ers­ten fünf Mona­ten des Jah­res sta­gnier­te, ver­zeich­ne­ten die ener­gie­in­ten­si­ven Bran­chen ein Minus von 13 Pro­zent.

Der Ver­brauch von Heiz­ener­gien wur­de in den ers­ten sechs Mona­ten nur in gerin­gem Maße von den Wit­te­rungs­be­din­gun­gen beein­flusst. Zwar lagen die Tem­pe­ra­tu­ren im Berichts­zeit­raum etwas nied­ri­ger als im Vor­jah­res­zeit­raum. In den für den Wär­me­be­darf beson­ders wich­ti­gen ers­ten drei Mona­ten war es jedoch wär­mer als im Vor­jahr. Berei­nigt um den leicht ver­brauchs­stei­gern­den Effekt der Wit­te­rung, wäre der Ener­gie­ver­brauch im ers­ten Halb­jahr um 7,6 Pro­zent gesun­ken.

Der Ver­brauch von Mine­ral­öl ver­rin­ger­te sich in den ers­ten sechs Mona­ten des lau­fen­den Jah­res um 2,0 Pro­zent. Wäh­rend der Ver­brauch von Otto­kraft­stoff um knapp 6 Pro­zent anstieg, gab es beim Die­sel­kraft­stoff einen leich­ten Rück­gang um gut 1 Pro­zent. Der Absatz von Flug­kraft­stoff stieg um 7,5 Pro­zent. Die Lie­fe­rung von Roh­ben­zin an die che­mi­sche Indus­trie ver­rin­ger­te sich um fast 20 Pro­zent. Der Absatz von leich­tem Heiz­öl stieg dage­gen um 16 Pro­zent, weil vie­le Ver­brau­cher ihre Lager­be­stän­de auf­stock­ten.

Der Erd­gas­ver­brauch ver­rin­ger­te sich im ers­ten Halb­jahr 2023 um 10,1 Pro­zent. Der Rück­gang ist einer­seits auf den gesun­ke­nen Ein­satz von Erd­gas in der Indus­trie zurück­zu­füh­ren, ande­rer­seits lag auch der Ver­brauch der Haus­halts­kun­den sowie Klein­ge­wer­be rund 10 Pro­zent unter dem lang­jäh­ri­gen Mit­tel. Die Strom­erzeu­gung aus Erd­gas ging nach vor­läu­fi­gen Berech­nun­gen um rund 4 Pro­zent zurück, die Erzeu­gung von Fern­wär­me ver­rin­ger­te sich um gut 2 Pro­zent.

Der Ver­brauch von Stein­koh­le nahm im ers­ten Halb­jahr um 10,8 Pro­zent ab. Der Ein­satz in Kraft­wer­ken ver­zeich­ne­te einen Rück­gang um fast 19 Pro­zent. Preis­än­de­run­gen bei den Brenn­stof­fen und die gesun­ke­ne Strom­nach­fra­ge führ­ten zu einer Ver­rin­ge­rung des Koh­le­ein­sat­zes in den Kraft­wer­ken. Der Absatz von Stein­koh­le an die Eisen- und Stahl­in­dus­trie ver­min­der­te sich im Berichts­zeit­raum um 2 Pro­zent. Dabei zeig­te sich, dass die koh­len­stoff­in­ten­si­ve Oxy­gen­stahl­pro­duk­ti­on nur um 1,7 Pro­zent sank, wäh­rend die Elek­tro­stahl­er­zeu­gung um 13 Pro­zent zurück­ging, da hohe inlän­di­sche Indus­trie­strom­prei­se im inter­na­tio­na­len Ver­gleich nicht wett­be­werbs­fä­hig sind.

Der Ver­brauch von Braun­koh­le nahm um rund 18 Pro­zent ab. Die­ser Rück­gang ent­spricht weit­ge­hend der Ent­wick­lung der Lie­fe­run­gen an die Kraft­wer­ke der öffent­li­chen Ver­sor­gung und ist haupt­säch­lich auf den deut­lich gesun­ke­nen Strom­ver­brauch im Inland sowie güns­ti­ge Erzeu­gungs­be­din­gun­gen im benach­bar­ten Aus­land zurück­zu­füh­ren. Trotz des hohen Rück­gangs blieb die Braun­koh­le mit einem Anteil von knapp 18 Pro­zent, nach den Erneu­er­ba­ren, die zweit­wich­tigs­te Ver­stro­mungs­en­er­gie in Deutsch­land.

Die Strom­erzeu­gung aus Kern­ener­gie ging im ers­ten Halb­jahr 2023 ver­gli­chen mit dem Vor­jah­res­zeit­raum um 57 Pro­zent zurück. Der Pro­duk­ti­ons­rück­gang ist auf den Streck­be­trieb der letz­ten drei Kern­kraft­wer­ke in Deutsch­land (Neckar­west­heim 2, Ems­land und Isar 2) sowie deren end­gül­ti­ge Still­le­gung zum 15. April 2023 zurück­zu­füh­ren.

Die Strom­lie­fe­run­gen ins Aus­land lagen im ers­ten Halb­jahr 3,1 Mil­li­ar­den Kilo­watt­stun­den (Mrd. kWh) über den Strom­men­gen, die aus dem Aus­land nach Deutsch­land flos­sen. Im Vor­jah­res­halb­jahr betrug der Strom­aus­tausch­sal­do noch 17,3 Mrd. kWh. Im zwei­ten Quar­tal des lau­fen­den Jah­res hat sich Deutsch­land zum Net­to-Impor­teur mit einem Import­über­schuss von 6,4 Mrd. kWh ent­wi­ckelt. Der höhe­re Import­sal­do Deutsch­lands gilt als Zei­chen für einen funk­tio­nie­ren­den euro­päi­schen Strom­bin­nen­markt. Deutsch­land konn­te teil­wei­se von güns­ti­ge­ren Erzeu­gungs­op­tio­nen im benach­bar­ten Aus­land pro­fi­tie­ren. Hin­zu kamen Wit­te­rungs­be­din­gun­gen, die zeit­wei­se für eine höhe­re Strom­erzeu­gung aus Was­ser­kraft in der Alpen­re­gi­on und Skan­di­na­vi­en sorg­ten. Zudem schrei­tet der Aus­bau der Erneu­er­ba­ren Ener­gien im euro­päi­schen Aus­land vor­an und erhöh­te das Ange­bot. Letzt­lich sind auch die Still­le­gung der letz­ten drei Kern­kraft­wer­ke in Deutsch­land und die im Ver­gleich zum Vor­jahr höhe­re Ver­füg­bar­keit der Kern­ener­gie in Frank­reich Grün­de für den Import­über­schuss im zwei­ten Quar­tal 2023.

Der Bei­trag der erneu­er­ba­ren Ener­gien erhöh­te sich im ers­ten Halb­jahr 2023 gering­fü­gig um 0,6 Pro­zent. Die Strom­erzeu­gung aus erneu­er­ba­ren Ener­gie­quel­len sank leicht um 1 Pro­zent. Die Bereit­stel­lung von Wär­me erhöh­te sich um 5 Pro­zent und im Sek­tor Ver­kehr gab es einen Zuwachs um 3 Pro­zent.

Die gegen­über dem Vor­jahr etwas ungüns­ti­ge­re Wit­te­rung sorg­te für leich­te Rück­gän­ge sowohl bei der Pho­to­vol­ta­ik (-1 Pro­zent) wie auch bei der Wind­strom­erzeu­gung (-3 Pro­zent). Die Strom­erzeu­gung aus Bio­mas­se nahm um 4 Pro­zent ab. Bei der Was­ser­kraft kam es dage­gen zu einem Zuwachs um 9 Pro­zent. Die AG Ener­gie­bi­lan­zen geht davon aus, dass die durch Wär­me­pum­pen nutz­bar gemach­te Umwelt­wär­me um etwa 13 Pro­zent zuleg­te und die Nut­zung von Holz durch pri­va­te Haus­hal­te sowie im Gewer­be- und Dienst­leis­tungs­be­reich im ers­ten Halb­jahr 2023 um etwa 7 Pro­zent wuchs.

Die ener­gie­be­ding­ten CO₂-Emis­sio­nen gin­gen nach einer vor­läu­fi­gen Abschät­zung der AG Ener­gie­bi­lan­zen im ers­ten Halb­jahr 2023 um mehr als acht Pro­zent gegen­über dem ent­spre­chen­den Vor­jah­res­zeit­raum zurück. Dies ent­spricht einer Reduk­ti­on in der Grö­ßen­ord­nung von 28 Mil­lio­nen Ton­nen (Mio. t).

Verbraucher und Industrie reagieren auf hohe Energiepreise

Entwicklung des Primärenergieverbrauchs 1. Halbjahr 2023
Veränderungen in Prozent — Gesamt 5.561 PJ oder 189,7 Mio. t SKE

Ber­lin — Der Ver­brauch an Pri­mär­ener­gie ver­zeich­ne­te im 1. Halb­jahr 2023 einen Rück- gang um 7,1 Pro­zent auf 5.561 Peta­joule (PJ) bezie­hungs­wei­se 189,7 Mil­lio­nen Ton­nen Stein­koh­len­ein­hei­ten (Mio. t SKE) gegen­über dem 1. Halb­jahr des Vor­jah­res. Der Rück­gang betraf mit Aus­nah­me der Erneu­er­ba­ren alle Ener­gie­trä­ger. Das anhal­tend hohe Preis­ni­veau sorg­te für ver­stärk­te Ver­brauchs­ein­spa­run­gen und Inves­ti­tio­nen in die Ener­gie­ef­fi­zi­enz. In der Indus­trie kam es zu Pro­duk­ti­ons­kür­zun­gen. Der Bei­trag der Kern­ener­gie sank, da die drei ver­blie­be­nen Kraft­werks­blö­cke nach dem Streck­be­trieb nun­mehr end­gül­tig vom Netz gegan­gen sind.

Quel­le: Arbeits­ge­mein­schaft Ener­gie­bi­lan­zen

Verschiebungen im Energiemix

Struktur des Primärenergieverbrauchs in Deutschland
1. Halbjahr 2023 – gesamt 5.561 PJ oder 189,7 Mio. t SKE
Anteile in Prozent (Vorjahreszeitraum in Klammern)

Ber­lin — Der Rück­gang des inlän­di­schen Ener­gie­ver­brauchs in den ers­ten sechs Mona­ten des Jah­res 2023 um mehr als 7 Pro­zent sowie unter­schied­li­che Ver­brauchs­ent­wick­lun­gen bei den ein­zel­nen Ener­gie­trä­gern haben zu Ände­run­gen im Ener­gie­trä­ger­mix geführt. Die Erneu­er­ba­ren und das Mine­ral­öl erhöh­ten ihre Antei­le. Bei Stein- und Braun­koh­le sowie dem Erd­gas kam es dage­gen infol­ge der deut­lich über dem Gesamt­rück­gang lie­gen­den Ver­brauchs­min­de­run­gen zu Anteils­rück­gän­gen. Die Kern­ener­gie lie­fer­te infol­ge des befris­te­ten Streck­be­triebs der drei ver­blie­be­nen Kraft­werks­blö­cke noch einen gerin­gen Bei­trag. Bei den sons­ti­gen Ener­gie­trä­gern ein­schließ­lich des Strom­aus­tausch­sal­dos kam es zu einer Erhö­hung des Anteils, weil Deutsch­land im zwei­ten Quar­tal 2023 im Sal­do mehr Strom impor­tier­te als ins benach­bar­te Aus­land aus­führ­te.

Quel­le: Arbeits­ge­mein­schaft Ener­gie­bi­lan­zen

Arbeitsgemeinschaft
Energiebilanzen e.V.

Reinhardtstr. 32
10117 Berlin

Ansprechpartner
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u.maassen@ag-energiebilanzen.de

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