Pandemie schrumpft Energieverbrauch

Daten für das erste Halbjahr 2020 / Erste Schätzung für das Gesamtjahr

Berlin/Bergheim (04.08.2020) – Der Energieverbrauch in Deutschland wird in diesem Jahr voraussichtlich um 7 und unter ungünstigen Bedingungen bis zu 12 Prozent zurückgehen, prognostiziert die Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (AG Energiebilanzen) auf Grundlage deraktuellen Berechnungen für das erste Halbjahr. Bei einer schnellen und störungsfreien Erholungvon den Auswirkungen der Corona-Pandemie rechnet die AG Energiebilanzen für das Gesamtjahrmit einem Verbrauchsrückgang im einstelligen Prozentbereich, bei einem erneuten Lockdownwäre dagegen eine zweistellige Verbrauchsminderung gegenüber dem Vorjahr möglich.

Nach Ablauf der ersten sechs Monate lag der gesamte Energieverbrauch mit 5.961 Petajoule (PJ)beziehungsweise 203,5 Millionen Tonnen Steinkohleneinheiten (Mio. t SKE) um 8,8 Prozent unter dem Vorjahreszeitraum. Für die rückläufige Verbrauchsentwicklung sind vor allem diegesamtwirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie verantwortlich. Dabei fiel die Veränderungsrate beim Energieverbrauch merklich höher aus als der Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Leistung, der 6,6 Prozent erreichte. Auch die im Vergleich zum Vorjahr vergleichsweise milde Witterung wirkte leicht verbrauchsdämpfend.

Der Rückgang beim Energieverbrauch erstreckt sich auf alle fossilen Energieträger; knapp zwei Drittel des Verbrauchsrückgangsvon 575 PJ bzw. 19,6 Mio. t SKE entfielen allerdings auf Kohlen, so dass die AG Energiebilanzen für das erste Halbjahr mit einemkräftigen Rückgang der energiebedingten CO2-Emissionen in einer Größenordnung von mehr als 13 Prozent gegenüber 2019rechnet. Für das Gesamtjahr erwartet die AG Energiebilanzen einen Rückgang in einer Spanne zwischen 10 und 17 Prozent bei denenergiebedingten CO₂-Emissionen.

Der Verbrauch von Mineralöl sank im ersten Halbjahr 2020 insgesamt um 6,7 Prozent. Vor allem bei den Kraftstoffen kam es zukräftigen Absatz- und Verbrauchsrückgängen. Ottokraftstoffe lagen mit 13,5 Prozent im Minus, beim Dieselkraftstoff lag der Rückgang bei 8,6 Prozent. Der drastische Rückgang des Flugverkehrs verminderte den Absatz von Flugkraftstoff um 46 Prozent. Lediglich beim Heizöl kam es zu Absatzsteigerungen in der Größenordnung von 28 Prozent. Die Verbraucher haben vermutlich die günstigenPreise zu einer deutlichen Aufstockung ihrer Vorräte genutzt.

Der Erdgasverbrauch verringerte sich insgesamt um 4,6 Prozent infolge der milderen Witterung in den ersten beidenMonaten sowie einem geringeren Einsatz von Erdgas in verschiedenen Industriezweigen. Im Kraftwerksbereich kam esdagegen zu Absatzsteigerungen.

Der Verbrauch an Steinkohle nahm im ersten Halbjahr 2020 um knapp 25 Prozent ab. BeimEinsatz von Steinkohle in den Kraftwerken zur Strom- und Wärmeerzeugung betrug derRückgang sogar knapp 30 Prozent. Diese Entwicklung ist vornehmlich auf die deutlich höhereStromeinspeisung aus Wind- und PV-Anlagen sowie den stärkeren Einsatz von Erdgas zurStromerzeugung zurückzuführen. Der Einsatz von Koks und Kohle in der Stahlindustrie reduziertesich konjunkturbedingt um rund 19 Prozent.

Der Verbrauch von Braunkohle verringerte sich in den ersten sechs Monaten 2020 um 35,5Prozent. Dieser erhebliche Rückgang hat vor allem drei Ursachen: Die stark gestiegene Stromproduktion aus erneuerbaren Energien, die Überführung weiterer Braunkohlekraftwerksblöcke in die Sicherheitsbereitschaft sowie – insbesondere im zweiten Quartal – die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den nationalen und europäischen Strommarkt.

Bei der Kernenergie kam es infolge der planmäßigen Abschaltung des Kraftwerks Philippsburg zum Jahresende 2019 zu einem Rückgang der Stromproduktion um rund 13 Prozent.

Die erneuerbaren Energien steigerten dagegen ihren Beitrag zum gesamten Energieverbrauch imersten Halbjahr 2020 um insgesamt 3 Prozent. Bei der Windkraft und Solarenergie gab es aufgrundgünstiger Witterungsverhältnisse jeweils ein Plus von 10 Prozent. Bei der Biomasse kam es zu einemMinus von 1 Prozent. Die Wasserkraftwerke lieferten 1 Prozent mehr Strom.

Niedrige Stromverbräuche auch in den Nachbarländern sowie historisch niedrige Erdgaspreise führten zu deutlichen Verschiebungen in der europäischen Stromerzeugungsstruktur. Deutschlands negativer Stromaustauschsaldo mit seinen Nachbarstaaten fiel daher im ersten Halbjahr 2020 wesentlich geringer aus als im Vorjahreshalbjahr. Nicht nur die Strommenge, die ausdem Ausland nach Deutschland floss, nahm deutlich zu, auch die Stromflüsse aus Deutschland in die Nachbarstaaten gingen zurück.

Starker Rückgang des Energieverbrauchs durch Corona

Entwicklung des Primärenergieverbrauchs im ersten Halbjahr 2020 in Deutschland - Veränderungen in Prozent
Gesamt 5.961 PJ oder 203,5 Mio. t SKE

Berlin/Bergheim – Der Verbrauch an Primärenergie liegt in Deutschland nach Ablauf der ersten sechs Monate mitinsgesamt 8,8 Prozent deutlich im Minus. Nach vorläufigen Berechnungen der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen erreichte der Gesamtverbrauch eine Höhe von 5.961 Petajoule (PJ) beziehungsweise 203,5 Millionen TonnenSteinkohleneinheiten (Mio. t SKE). Mit Ausnahme der Erneuerbaren verzeichneten alle Energieträger Rückgänge.

Quelle: Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen

Verbrauchsrückgang verändert Energiemix

Struktur des Primärenergieverbrauchs in Deutschland
1. Halbjahr 2020 – gesamt 5.961 PJ oder 203,5 Mio. t SKE
Anteile in Prozent (Vorjahreszeitraum in Klammern)

Berlin/Bergheim – Die Anteile der verschiedenen Energieträger im nationalen Energiemix haben sich im ersten Halbjahr 2020 bei insgesamt deutlich geringerem Gesamtverbrauch infolge der Corona-Pandemie zugunsten der Erneuerbaren sowie des Erdgases verschoben. Das Mineralöl hielt seinen Anteil annähernd stabil. Bei Stein- und Braunkohle kam es dagegen zu weiteren deutlichenAbnahmen. Damit verringerte die deutsche Energieversorgung ihre Kohlenstoffintensität weiter. Kennzeichnend bleibt jedoch einbreiter Energiemix.

Quelle: Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen

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